Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt eComparatio wird seit 2014 als Kooperationsprojekt des Lehrstuhls für Alte Geschichte der Universität Leipzig und des ICE (Interdisciplinary Center of E-Humanities in History and Social Sciences/ Forschungsstelle am Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien an der Universität Erfurt) entwickelt. Das Kernstück der Anwendung ist ein Modul zum Vergleich von Textausgaben, das auch die Erstellung eines Variantenapparates für digitale Editionen antiker Autoren ermöglicht. Die Zahl der Vergleichstexte ist beliebig, ebenso das Eingabeformat (TXT, HTML, XML, JSON, PDF). Die Anwendung wird frei skalierbar sein, so dass der Umfang der zu vergleichenden Texte nicht beschränkt ist. Das Ergebnis (Kollationierung) soll in Form von Listen als Apparat (positiver oder negativer Apparat) oder auch in beliebiger anderer Form ausgegeben werden können. In einem weiteren Modul ist für Autorenreferenzen bei der Abfrage von online-Datenbanken die Anbindung an das Referenzsystem CTS (Canonical Text Services) ermöglicht worden. Im bisherigen Verlauf des Projektes ist es gelungen, die Grundfunktionen des Tools zu implementieren und es in die Lage zu versetzen eine beliebig große Anzahl an Texten miteinander zu vergleichen. Dabei sind drei unterschiedliche Ansichten entstanden, die es dem Benutzer ermöglichen, das Ergebnis aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Die Detailansicht zeigt einen Text und markiert entsprechende Unterschiede zu anderen Texten. Die Parallelansicht (siehe auch Abbildung) zeigt alle Texte nebeneinander und markiert die Unterschiede farbig. Die Buchansicht schließlich zeigt wieder nur einen Text an und visualisiert die Varianten im Stile traditioneller Printeditionen unter dem betreffenden Abschnitt. Zu betonen ist dabei, dass der Ausgangstext für den Vergleich bei jeder Ansicht frei wählbar ist und sich somit nicht auf einen zu bevorzugenden Haupttext festgelegt bzw. eine Gewichtung der Textzeugen vorgenommen wird.
Die Visualisierung und Ergebnissicherung ermöglicht zum einen, einen schnellen Überblick über die Text- und Editionsgeschichte verschiedener in digitalisierter Form vorliegender Werke zu erlangen. Darüber hinaus eignet sich das Tool als Hilfsmittel zum Kollationieren bei der Erstellung beliebiger kritischer, historischer bzw. genetischer Editionen.
Im Rahmen zweier Folgeprojekte in Kooperation mit Prof. Christopher Blackwell von der Furman University in Greenville, SC, von denen eines sich derzeit (Stand: Oktober 2015) in der Antragsphase (DFG) befindet und das andere bereits bewilligt worden ist (Andrew W. Mellon-Foundation), wird zunächst auf Basis einer Kooperation mit dem De Gruyter-Verlag und der durch ihn bereitgestellten digitalen Ausgabe der Bibliotheca Teubneriana Latina Online die Basis für eine kanonische CTS-Referenzierung geschaffen. Auf dieser Grundlage wird das eComparatio-Vergleichstool dazu dienen, sämtliche digital zur Verfügung stehenden Exemplare eines Textes durch eine CTS-Anfrage zu vergleichen, zu visualisieren und für die Ergebnisse die jeweiligen Textpassagen auch mit einer maschinenlesbaren Referenzierung zu versehen. Ein solches Verfahren kann dabei als wesentlicher Schritt der Qualitätssicherung der digitalen Datengrundlage an sich angesehen werden. Gerade im Falle der Altertumswissenschaften, in denen bereits früh umfangreiche, abgeschlossene Korpora (TLG, BTL u.a.) vorlagen, ist ein nächster Schritt ein Ausbau dieser Datengrundlagen in die Tiefe, d.h. hinsichtlich der zahlreichen verschiedenen Editionen und Textausgaben.
Darüber hinaus wird in einem USE-Case am Beispiel der Periklesvita des Plutarch in Verbindung mit der Zitationsanalyse aus dem von 2008-2013 durch das BMBF geförderten Projekts eAQUA des Lehrstuhls für Alte Geschichte der Universität Leipzig ein praktisches Beispiel gegeben, inwiefern CITE/CTS als Grundlage einer neuen Form des Annotierens und Kommentierens dienen kann: Der Zitatonsgraph dient zur automatischen Erstellung eines Testimonien-, eComparatio zur Erstellung eines Variantenapparates. Das Verhältnis der verschiedenen Texte zueinander (Varianten des Haupttextes und der enthaltenen Fragmente/Zitate/Parallelstellen) soll darüber hinaus durch die im Rahmen des Projektes von den amerikanischen Projektpartnern entwickelten Erweiterung Canonical Graph Services (CGS) visualisiert werden.
Nach seiner Fertigstellung wird das Tool als freier Webservice für Forschung und Lehre zur Verfügung gestellt. Davon können Handschriften-Digitalisierungsprojekte, Editionsprojekte sowie Projekte profitieren, die sich Spezialfragen einzelner Textpassagen widmen; es ist auch für Seminararbeiten, d.h. den Einsatz in der Lehre geeignet, da es sowohl von Nicht-Editionsphilologen als auch von Editionsphilologen eingesetzt werden kann.
Da es sich bei dem Tool in erster Linie um ein Mittel zur Visualisierung handelt, ist es in hohem Maße für die Präsentation in Form eines Posters geeignet. Geplant ist die Darstellung des gesamten Workflows anhand eines Beispiels, von der Eingabe unstrukturierter Textdokumente bis hin zu den drei oben genannten Visualisierungsformen sowie erster Ergebnisse der begonnenen Folgeprojekte.